Der subversive Kapitalist


taz 16.10.2006

Aus Dhaka von John Carlin

Wenn jemand immer wieder, wie es Muhammad Yunus gerne tut, seinen "tiefen, festen, leidenschaftlichen" Glauben daran betont, "dass wir eine Welt frei von Armut schaffen können", mag man das bewundern und zugleich anzweifeln. Wenn man lernt, dass dieser Mensch Wirtschaftsprofessor ist, lauscht man vielleicht ein wenig genauer, aber der Eindruck vergeht nicht, dass er vielleicht ein wenig verrückt ist, ein muslimischer Don Quixote.
Bis man entdeckt, dass dieser Mensch einer der erfolgreichsten Kapitalisten der Welt ist, der vor dreißig Jahren mit zwei Mitarbeitern eine Bank gründete und heute 20.000 Leute beschäftigt und 18 weitere Unternehmen ins Leben gerufen hat, darunter die größte Mobilfunkgesellschaft Südasiens. Und dann fragt man sich, ob die utopische Vision dieses Verrückten nicht doch Methode hat. Vor allem, weil dieser ganz besondere Kapitalismus nicht Profit als wichtigste Mission sieht, sondern Hilfe für die Ärmsten.

Muhammad Yunus ist für den Kapitalismus, was Bill Gates für Computersoftware ist. Nur ist sein Geschäftsumfeld viel härter als das geruhsame Seattle. Sein Labor ist Bangladesch, ein Land von der Größe Englands mit 145 Millionen Einwohnern, die meisten bitterarm. Yunus wurde 1940 geboren, als Bangladesch noch Indien war und die Briten regierten. Er hat die Ärmsten der Armen dieses armen muslimischen Landes erwählt, die am meisten unterdrückten und am wenigsten besitzen - die Frauen.
"Es war eine verrückte Idee", sagt Nurjahan Begum und grinst bei der Erinnerung an die Anfänge der Grameen Bank ...

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Freedom in the World 2006

Freedom House Report

Freedom House has prepared this overview report as a companion to our annual survey on the state of global political rights and civil liberties, Freedom in the World. We are publishing this report to assist policymakers, human rights organizations, democracy advocates, and others who are working to advance freedom around the world. We also hope that the report will be useful to the work of the new United Nations Human Rights Council.
The reports are excerpted from Freedom in the World 2006, which surveys the state of freedom in 192 countries and 14 select territories. The ratings and accompanying essays are based on events from December 1, 2004 through November 30, 2005. The 17 countries and 3 territories profiled in this report are drawn from the total of 45 countries and 8 territories that are considered to be Not Free and whose citizens endure systematic and pervasive human rights violations.
Included in this report are eight countries judged to have the worst records: Burma, Cuba, Libya, North Korea, Sudan, Syria, Turkmenistan, and Uzbekistan. Also included are two territories, Chechnya and Tibet, whose inhabitants suffer intense repression. These states and regions received the Freedom House survey’s lowest rating: 7 for political rights and 7 for civil liberties. Within these entities, state control over daily life is pervasive and wide-ranging, independent organizations and political opposition are banned or suppressed, and fear of retribution for independent thought and action is part of daily life. In the case of Chechnya, the rating in large measure reflects the fallout of a vicious conflict that in the last 12 years has disrupted normal life and resulted in some 200,000 deaths.
The report also includes nine further countries near the bottom of Freedom House's list of the most repressive: Belarus, China, Equatorial Guinea, Eritrea, Haiti, Laos, Saudi Arabia, Somalia, and Zimbabwe. The territory of Western Sahara is also included in this group. While these states scored slightly better than the “worst of the worst,” they offer very limited scope for private discussion while severely suppressing opposition political activity, impeding independent organizing, and censoring or punishing criticism of the state.
Massive human rights violations take place in nearly every part of the world. This year's roster of the “most repressive” includes countries from the Americas, the Middle East, Central Asia, Africa, and East Asia; they represent a wide array of cultures and levels of economic development. This report from Freedom House to the United Nations focuses on states and regions that have seen some of the world’s most severe repression and most systematic and brutal violations of human dignity. Our report seeks to focus the attention of the United Nations Human Rights Council on states and territories that deserve investigation and condemnation for their widespread violations.

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The Albert Einstein Institute - Report on Activities

Since publishing our last Report on Activities, the pace of our work has increased in all three of our mission areas: research, sharing results, and consultations. We have responded to requests for literature from pro-democracy organizations in places like Azerbaijan, Haiti, Ukraine, Venezuela, and Zimbabwe. Consultations about strategic nonviolent struggle were arranged for movements in Serbia, Venezuela, Belarus, and Tibet. As the number of successful nonviolent struggles increase, others are realizing that this form of conflict is a realistic alternative to violent resistance against authoritarian regimes. Requests for translations have increased so much that they now far exceed our available resources to meet this demand. The same is true of requests for consultations.

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Robert Helvey: Der Umsturzhelfer

SPIEGEL ONLINE - 21. November 2005

Von Georg Mascolo, Washington

Helvey führt seine Kriege ohne Panzer und Kanonen. Die Armeen des Oberst a.D. sind friedliche Demonstranten in Belgrad, Baku und Kiew - Mädchen in der ersten Reihe, ältere Damen als Kuriere. Der Experte für Revolutionen weiß, worauf es beim Sturz eines Regimes ankommt: Disziplin und minutiöse Planung. "Kommen Sie bloß nicht im Anzug", blafft Robert Helvey ins Telefon, "mein Hund haart wahnsinnig." Am Provinzflughafen von Charleston, West Virginia, lehnt der 66-Jährige lässig an der Wand der Ankunftshalle. Sandy wartet im Pick-up-Truck, Pfoten auf dem Polster, die Schnauze gegen die Scheibe gedrückt. Ein kurzer fester Händedruck, ein knappes Nicken des Kopfes auf dem eine Baseballkappe mit dem Emblem des amerikanischen Veteranenverbandes sitzt.
Robert Helvey, Oberst a.D. und heute weltweit begehrter Consultant für gewaltlosen Widerstand, setzt den Dodge Dakota mit Schwung rückwärts aus der Parklücke. Sein Haus liegt oben in den Hügeln von Charleston, amerikanische Mittelklasse, die Mauer aus Bruchsteinen hat er selbst gesetzt. Im Garten tummeln sich morgens die Hirsche, neulich tollte dort ein Schwarzbär herum. Ein Idyll. "Aber er ist doch viel zu selten hier", klagt seine Frau Maurene, eine britische Krankenschwester.

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Die Revolutions-GmbH

DER SPIEGEL 46/2005

Wie macht man eine Revolution? Was in Jugoslawien 2000 passierte, in Georgien 2003, in der Ukraine 2004 wirkte wie ein spontaner Volksaufstand gegen Autokraten. In Wahrheit war vieles sorgfältig geplant - von Studentenführern und ihren vernetzten Organisationen. Sie scheuten auch amerikanische Hilfe nicht. Welches Regime wird ihr nächstes Opfer? Sie sind der Alptraum der Diktatoren und die Hoffnung der Unterdrückten, die Protagonisten des demokratischen Wandels auf der Welt. Sie haben in ihren Heimatländern erfolgreich Volksaufstände organisiert und Tyrannen aus den Palästen gejagt. Jetzt planen sie gemeinsam neue Revolutionen, überall dort, wo in Osteuropa, Zentralasien und im Nahen Osten noch Gewaltherrscher die Macht in Händen halten und den Menschen bürgerliche Freiheiten verwehren.
Sie sind die wahren Helden unserer Zeit. Helden wider Willen - dass kaum einer ihre Namen kennt, ihre Lebensläufe, ihre Verbindungen untereinander, ihre Geldgeber, ihre Pläne für einen Regimewandel, das finden sie gut so. Denn sie müssen immer einen Tick schneller sein als die Staatsmacht mit ihrem ungeheuren Apparat von Polizei und Geheimdienst. Raffinierter, besser, vernetzter. Anders als die da oben haben sie keine Waffen und wollen sie auch nicht - jedenfalls keine, mit denen sich töten oder foltern lässt.
Sie sind um die 30, junge Männer meist, aber auch Frauen kämpfen in ihren Reihen. Sie haben sich größtenteils an Universitäten kennen gelernt. Wer die Nachrichtensendungen der vergangenen Jahre genau verfolgt hat, mag sie bei den Revolutionsfeiern einige flüchtige Momente lang wahrgenommen haben. Eher nicht in der ersten Reihe. Im Hintergrund bleiben, heißt ihre Devise. Eine Friedensarmee im Schatten ist da entstanden, deren Divisionen und Pläne keiner kennen soll. Geheimnisvoll, schlagkräftig, kaum zu fassen - ein wichtiges, bis heute kaum wahrgenommenes Phänomen der internationalen Politik.

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Duell der Regenmacher

DER SPIEGEL 33/2007

860 Millionen Menschen leiden weltweit an Hunger, vor allem in Afrika. Wie kann man ihn besiegen? Mit Geld von außen – oder, wie auf Madagaskar, mit Reformen von innen?

Von Ralf Hoppe

Die Frau sitzt vor ihrer Hütte, die Hütte steht unter einem alten Baum. Es ist eine Schirmakazie, krummer, knorriger Stamm, die Baumkrone flach und ausgefranst. Fliegen surren, im Gesträuch rascheln kleine Schlangen. Die Frau vor ihrer Hütte verbringt hier die meiste Zeit des Tages, im Halbschatten, als hätte sie alle Zeit der Welt. Worauf sie wartet, fügsam, apathisch, kann sie selbst nicht genau sagen, vielleicht, dass etwas geschieht, dass Rettung naht, oder der Tod. Die Frau heißt Nada Ranassakar. Sie hat dunkle Haut, tiefe Augen, Waden wie Stöcke. Sie ist barfuß, die Sohlen ihrer Füße sind von Riefen durchzogen. Wie alt Nada ist, kann sie nicht genau sagen, Anfang vierzig, sagt sie, sie sieht älter aus. Nada ist Afrikanerin, sie lebt im Nordwesten Madagaskars, einen knappen Tagesmarsch von der Küstenstadt Mahajanga entfernt, sie hat keinen Mann, aber sechs Kinder, die alle hungern, so wie auch Nada selbst. „Macht nichts“, sagt sie, „sind wir gewöhnt“, sie lacht, krächzend, kratzig. Bis vor kurzem hatte Nada noch Arbeit. Und auch die älteren Kinder, Nampiantroa und Vitanenejy und sogar Soadanta mit ihren sieben Jahren, konnten auf den Reisfeldern arbeiten, die Sämlinge setzen. Während Nada jeden Tag in den Wald zog, totes Holz sammelte und in einer Grube zu Kohle verbrannte. Die schleppte sie in Säcken nach Mahajanga. Aber dann, vor etwa einer Woche, begann ihre Tochter Sambianaka, sieben Monate alt, heftig zu fiebern. Es konnte Malaria sein. Nada hörte auf zu arbeiten, und auch die älteren Kinder durften nicht mehr auf die Reisfelder, sondern mussten bei der Hütte bleiben und auf die Kleinen aufpassen. Nada wickelte Sambianaka in ein Tuch und band sie auf den Rücken und machte sich auf den Weg, zu Fuß. Nach fünf Tagen kam sie zurück. Fünf Tage hatten ihre Kinder Hunger. „Wenn wir nichts zu essen haben, nennen wir das Ramadan“, sie lacht, kratzig. Rund 2,6 Milliarden Menschen haben nach einer Studie der Weltbank weniger als zwei Dollar am Tag zum Leben. Mehr als 800 Millionen Menschen leiden Hunger, viele von ihnen sterben, langsam, denn sie sind so unterernährt, dass sie kaum noch Kraft haben zu arbeiten, um sich aus ihrer Misere zu befreien. Sie werden krank, sie sterben mutlos, würdelos. Auf Madagaskar grassieren unter anderem Malaria, Cholera, Durchfall und Wurmerkrankungen, Bilharziose, Tuberkulose, Pest – biblische Seuchen in globalen Zeiten. In Nadas Hütte, wo sie sich nachts zu siebt auf einer Matte aneinanderdrücken, wimmelt es von Wanzen, Fauchschaben, Kakerlaken, fingerlangen Tausendfüßlern. So wie Nada Ranassakar geht es mindestens 200 Millionen Menschen in Afrika, ihre Not lähmt einen ganzen Kontinent, und die Welt ist sich einig, dass ihnen geholfen werden muss, ehe sie dahinsiechen, ehe ihre zerrütteten Gesellschaften Terrorzellen ausbrüten, ehe Afrika ganz abgehängt wird – wo doch ein blühendes Afrika die Weltwirtschaft mit Wachstumsimpulsen versorgen könnte. Die Frage ist nur: Wie hilft man Afrika? Wie besiegt man den Hunger?

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Die Weltsanierer

DER SPIEGEL 30/2007

Was das Hobby von Romantikern war, ist nun der Job von Managern und Milliardären – die Rettung der Welt. Pragmatiker wie Bill Gates, George Soros, Richard Branson überbieten sich darin, mit Unternehmergeist der Erde zu helfen.

Von Klaus Brinkbäumer und Ullrich Fichtner

Jeden Tag wird jetzt die Welt gerettet, und alle machen mit, zwischen Kap Hoorn und Hammerfest, zwischen Sibirien und Hawaii. Es geht um Klima, Hunger, Aids, es geht um Wasser, Frieden, Müll, es geht um alles oder nichts, im Großen wie im Kleinen. Es ist ein Wettlauf ausgebrochen zwischen all denen, die sich sorgen um die Welt. Die einen stehen auf Bühnen und singen, die anderen arbeiten im Stillen daran, die großen und kleinen Probleme der Welt zu lösen. In einem Zimmer im 18. Stock des Waldorf-Astoria an der Park Avenue sitzt Bill Clinton, es ist ein verregneter Tag in New York, um ihn herum rumoren junge Helfer, sie tuscheln und telefonieren. Clinton trägt hellblaues Hemd, dunkelblaue Krawatte, schwarzen Anzug, er sitzt noch immer da wie der Präsident der Vereinigten Staaten, vielleicht ist sein Gesicht etwas rosiger, er sagt: „Tun ist besser als reden.“ Der Saal nebenan ist seit 90 Minuten voll. Es ist der Starlight Room des Waldorf-Astoria, ein Saal getragen von Säulen, geschmückt mit schweren Vorhängen, der Teppich schimmert golden, eine große Bühne für eine große Oper, und an der Wand hängt ein Schild mit dem Titel des Stücks: „Clinton Climate Initiative“. „I’m in the doing business now“, sagt Clinton kurz vor seinem Auftritt, man kann das nicht wirklich gut übersetzen, „Ich bin jetzt im Geschäft des Handelns“, so ungefähr, aber das ist ein rätselhaftes Wort im Mund des einst mächtigsten Mannes der Welt, der acht Jahre lang jede Befugnis zum Handeln hatte. Clinton konnte Kriege befehlen oder beenden. Er konnte die anderen Mächtigen sprechen, tags oder nachts. Er verhandelte mit ihnen allen, mit Staatslenkern, Konzernchefs, Kriegsherren, Nobelpreisträgern. Aber jetzt, erst jetzt, fühlt er sich als Handelnder?

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