Indien - Freitod oder Landreform

DIE ZEIT 38/2004

Die Metropolen boomen – Indiens Bauern darben. Die neue Regierung will die Kluft schließen.

Von Ulrich Ladurner

Bolpur/Westbengalen Abdul Rezak Mollah ist einer dieser Politiker, bei denen man sofort das Gefühl bekommt, dass sie immer schon da waren, wo sie sind, nämlich in einem Amt. Das liegt nicht unbedingt an ihm. Das liegt an Mollahs Partei. Die Communist Party of India – Marxist (CPIM) regiert seit 1977 den indischen Teilstaat Westbengalen. So viele Jahre an der Macht können müde machen. Mollah sagt deshalb nur einen belanglosen, schlappen Satz über das Verhältnis seiner Partei zur Zentralregierung: »Wir wollen, dass die in Dehli im Interesse des Volkes regieren. Tun sie das nicht, dann werden wir ihnen die Unterstützung entziehen!« Danach schweigt er. Alles andere überlässt er seinem Assistenten Sukumar Das, der an der Seite des riesigen Schreibtisches sitzt. Er beantwortet alle Fragen ausführlich, während der Minister Papiere und Akten studiert. Sukumar Das ist Mollahs sprechendes Faktotum.
Es geht um Landwirtschaft. Mollah ist Minister für Landreformen in Westbengalen. Das ist ein wichtiger Posten. Immerhin leben von einer Milliarde Indern 700 Millionen auf dem Land, in dem 90 Millionen Einwohner starken Teilstaat Westbengalen sind es rund zwei Drittel. Das ist ein wenig in Vergessenheit geraten in den letzen Jahren. Indiens Wirtschaft boomte wie kaum eine andere. Im Westen schaute man staunend auf die glitzernden Metropolen der Computerindustrie Hyderabad und Bangalore. Ein Konkurrent wuchs da heran. Wer wollte da noch von dem indischen Dorf reden?

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