Krieg der Kinder

DIE ZEIT 36/2003

Sie werden zu Killermaschinen ausgebildet. In Afrika stehen nach Angaben der UN mindestens 120000 Kinder im Dienst von Generälen und Warlords, für die sie Wegwerfmenschen sind

Von Birgit Virnich und Bartholomäus Grill

Es ist noch früh am Morgen in Monrovia. General Scarborough wirkt völlig verschlafen, seine Augen sind verklebt. „Sie sind Tiere!“, knurrt er und deutet auf die andere Seite der Brücke, die die Landzunge von Westpoint mit dem Festland verbindet. „Sie reißen ihren Gegnern die Herzen aus dem Leib und fressen sie.“ Drüben, da lagert Black Diamond, die Chefin einer Rebellenmiliz. Sie wird am nächsten Tag sagen: „Das sind doch Bestien, diese kleinen Jungs! Sie vergewaltigen 10-jährige Mädchen und schmieren sich das Blut von Jungfrauen auf die Stirn.“
Wenn sich die Todfeinde auf der Mitte der Gabriel Tucker Bridge von Angesicht zu Angesicht begegnen würden, könnten sie in ihr eigenes Spiegelbild schauen. Hier das Lumpenmilitariat von Präsident Charles Taylor, das sich Regierungsarmee nennt, dort die verwahrlosten Horden der Rebellen, beide in der gleichen Kampfkluft, beide gleich grausam, beide gleich jung. Wenn sie in ihren Fantasieuniformen, wild um sich schießend, durch die Straßen rennen, mutet das an wie ein Karneval des Todes. Manche dieser Kämpfer und Kämpferinnen haben gerade einmal das Schulalter erreicht. Sie führen einen Krieg der Kinder. Ihre Zerstörungswut hat Monrovia, die Hauptstadt von Liberia, in einen Vorhof der Hölle verwandelt. Daran hat auch die Unterzeichnung eines Friedensvertrages nichts ändern können. Anfang der Woche sollen Rebellen im Landesinnern wieder Massaker verübt haben, die Rede ist von 1000 Toten.

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