DIE ZEIT 42/2004
Vom Sudan bis Simbabwe: Die Afrikaner versuchen, ihre Konflikte allein zu lösen – und brauchen dennoch die Hilfe Europas
Von Bartholomäus Grill
Kapstadt Brennende Hütten, Hungerkinder mit großen traurigen Augen, verzweifelte Flüchtlinge, arabische Milizen, die wie apokalyptische Reiter durch die Halbwüste preschen und morden, vergewaltigen und brandschatzen – wieder einmal füllten Schreckensbilder aus Afrika unser Sommerloch. Im vergangenen Jahr waren es die Kindersoldaten aus Liberia, diesmal die Reiterhorden aus Darfur im Sudan. Jetzt ist es Herbst, man beschäftigt sich wieder mit den wichtigen außenpolitischen Themen, Bush gegen Kerry, Irak, Israel und Palästina. Die Tragödie dort unten am Nil ist vergessen. Aus den Kameraaugen, aus dem Sinn. Aber die Hungerkinder und die Heimatlosen sind immer noch da. Und die Reitermilizen, die Dschandschawid, gehen weiterhin ungestört dem Geschäft des Tötens nach. Man schätzt, dass im Zuge der »ethnischen Säuberungen« bislang 50000 Menschen umgebracht wurden, 1,2 Millionen sollen auf der Flucht sein. Aber das Regime in der Hauptstadt Khartum und seine Handlanger in Darfur haben von der Weltgemeinde vorerst wenig zu befürchten. Die Vereinten Nationen drohen mit Sanktiönchen, und der Sicherheitsrat hat soeben beschlossen, eine Kommission einzurichten, um zu prüfen, ob in Darfur ein Völkermord geschieht. Die Afrikanische Union (AU) ist da schon weiter. Sie hat eine Mission entsandt, 120 Militärbeobachter und 270 Soldaten. Bald soll ihnen eine Friedenstruppe folgen, 3500 Mann mindestens. Ein winziges Häuflein in einem riesigen Territorium, mission impossible, unken Kritiker. Dennoch, der erste kleine Schritt ist gemacht. Für die Afrikaner ist es ein riesiger Schritt. Zum ersten Mal sind sie bereit, das seit dem Ende der Kolonialära unantastbare Prinzip der nationalen Souveränität wichtigeren Erwägungen unterzuordnen.
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